
Von rotem Pickelchen zum Abszess: Der Kampf unter deiner Haut
Leestijd: 6 minutenJeder hat ihn schon mal gesehen – einen Pickel, der sich gelb oder weiß verfärbt, oder eine Wunde, aus der dicke Flüssigkeit austritt. Nicht besonders schön anzusehen, aber dein Körper versucht dir etwas zu sagen. Dieses gelbliche Sekret heißt Eiter (im Deutschen meist Eiter oder Eitersekret), und es ist oft ein Hinweis darauf, dass dein Immunsystem intensiv mit einer Infektion kämpft. In diesem Beitrag erkläre ich, was Eiter eigentlich ist, wie er entsteht und warum er sich in manchen Fällen zu einem Abszess formt – und auch, was du tun solltest, wenn das passiert.

Was ist Eiter eigentlich?
Eiter ist eine dickflüssige, meist weißliche bis gelbliche Substanz, manchmal auch grünlich gefärbt. Er entsteht im Zusammenhang mit Entzündungen und Infektionen – immer wenn der Körper versucht, eingedrungene Erreger zu bekämpfen. Eiter ist also kein „Schmutz“, der einfach aus dem Körper herauskommt, sondern das Ergebnis eines intensiven biologischen „Schlachtfelds“.
Unter dem Mikroskop besteht Eiter aus:
- Erregern (meist Bakterien), die die Infektion ausgelöst haben
- Weißen Blutkörperchen (oft neutrophilen Granulozyten), die diese Erreger angreifen und zerstören
- Abgestorbenem Gewebe — also Zellen, die bereits beschädigt oder zerstört wurden
- Flüssigkeiten und Proteinen, die helfen, Abfallstoffe abzutransportieren
Das Zusammenspiel dieser Komponenten ergibt eine dicke, teils klebrige Masse, die du als Eiter siehst.
Wie entsteht Eiter?
Der Entstehungsprozess lässt sich in mehreren Schritten beschreiben:
- Eintritt der Erreger
Die Bakterien dringen durch eine kleine Wunde, ein Haarfollikel, eine Pore oder sogar durch eine Spritze in das Gewebe ein. - Aktivierung des Immunsystems
Dein Körper registriert die Fremdkörper und sendet Abwehrzellen (weiße Blutkörperchen) zur betroffenen Stelle. - Kampf zwischen Zellen und Erregern
Die Abwehrzellen greifen die Bakterien mit Enzymen und Stoffwechselprodukten an. Dabei werden auch Teile deines eigenen Gewebes beschädigt. - Akkumulation der Reste
Die toten Zellen, Bakterien und Gewebeteile sammeln sich. Damit sie nicht einfach im Gewebe verteilt werden, versucht der Körper, sie zu isolieren. - Kapselbildung – der Schritt zum Abszess
Häufig wird der entzündete Bereich vom Körper durch eine Art Wand oder Kapsel abgetrennt, um eine Ausbreitung zu verhindern. In dieser abgeschlossenen Höhle sammelt sich der Eiter – und es entsteht ein Abszess.
Ein Abszess ist also eine Eiteransammlung in einem neu gebildeten Hohlraum, der vom Körper geschaffen wird. In der Fachsprache spricht man von einer abgekapselten Eiteransammlung.

Wenn Eiter in einem Abszess sitzt: Was passiert dann?
Sobald der Eiter eingeschlossen ist, kann das Immunsystem oft nicht mehr effektiv an die Bakterien herankommen. Die Eiterhöhle wird zunehmend unter Druck gesetzt. Typische Symptome sind:
- Schmerzen (oft drückend oder pochend)
- Rötung und Schwellung der Umgebung
- Wärmegefühl an der Stelle
Meist tastbar: eine Spannung unter der Haut
Bei inneren Abszessen: Schmerzen tiefer im Körper, Fieber, allgemeines Krankheitsgefühl
Ein Abszess heilt selten alleine ab, solange der Eiter eingeschlossen bleibt. Der Grund ist simpel: Die Abkapselung verhindert das Abfließen und schränkt das Eindringen von Abwehrzellen und Antibiotika ein.
Auch in der Medizin wird betont, dass alleinige Antibiotikatherapie oft nicht genügt, weil sie den eingeschlossenen Eiter nicht in ausreichender Konzentration erreichen kann.
Behandlung: Wie wird ein Abszess los?
Damit ein Abszess heilt, muss der Eiter heraus. Es gibt im Wesentlichen zwei bewährte Methoden:
- Chirurgische Spaltung / offene Drainage
Ein Facharzt oder Chirurg schneidet den Abszess auf, sodass der Eiter abfließen kann. Danach wird die Höhle oft gespült, und manchmal legt man einen Drain oder ein kleines Schlauchsystem ein, damit weitere Flüssigkeit abfließen kann. Wichtig: Nie versuchen, einen Abszess selbst auszudrücken! Das Risiko, die Infektion tiefer im Gewebe zu verteilen oder andere Komplikationen zu verursachen, ist sehr hoch. - Antibiotika (als Ergänzung)
Antibiotika werden eingesetzt, wenn:
- der Abszess groß oder tief liegt
- sich die Infektion ausbreitet (z. B. durch Fieber)
- das Immunsystem geschwächt ist
Sie sind nützlich, um Begleitinfektionen zu bekämpfen, reichen aber meist nicht alleine aus, da sie das eingeschlossene Eiter schwer erreichen
In manchen Fällen – besonders bei tiefliegenden oder schwer zugänglichen Abszessen – kann eine perkutanen Punktionoder Drainage unter Ultraschall- oder CT-Kontrolle notwendig sein.
Eiter ist nicht „eklig“: Ein Zeichen von Heilung
So unangenehm Eiter auch aussieht (und oft riecht), so ist er ein Zeichen dafür, dass dein Immunsystem aktiv ist. Er enthält all jene Bestandteile, die dein Körper im Kampf gegen Bakterien und infiziertes Gewebe mobilisiert hat.
Aber: Wenn der Eiter in einem Abszess gefangen ist, dann muss er unter ärztlicher Kontrolle entfernt werden. Erst danach kann der Heilungsprozess ungestört weitergehen.
Wichtige Hinweise & Fazit
- Wenn du einen Abszess bemerkst – besonders mit Schmerzen, Schwellung, Rötung oder Wärme – warte nicht, bis er von allein verschwindet.
- Versuche nie selbst, ihn auszudrücken – das kann zu einer Ausbreitung der Infektion führen.
- Suche ärztliche Hilfe: Ein Facharzt kann den Abszess eröffnen, eine Drainage legen oder eine Punktion durchführen, damit der Eiter herauskommt.
- Falls Antibiotika verschrieben werden: Sie sind sinnvoll bei schweren Fällen oder begleitenden Infektionen, aber nicht alleine ausreichend bei eingeschlossenem Eiter.
- Wenn ein Abszess im Mund- oder Kieferbereich auftritt, wende dich direkt an einen Zahnarzt oder Kieferchirurgen.